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Titel Wirksamkeit eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt

1. Wirksamkeit eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt

1. Zur Frage, ob ein Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, den die künftigen Eheleute vor der Eheschließung vereinbaren, wegen Belastung des Trägers der Sozialhilfe nach §§ 138 1 BGB nichtig sein kann.

2. Ein geschiedener Ehegatte kann sich auf einen Unterhaltsverzicht des anderen nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn und soweit das Wohl eines gemeinschaftlichen, von dem anderen Ehegatten betreuten Kindes den Bestand der Unterhaltspflicht fordert.

3. Verlangt das Kindeswohl eine Unterhaltsleistung, um den eigenen Unterhalt des betreuenden Ehegatten so zu sichern, dass er sich der Pflege und Erziehung des Kindes widmen kann, so ist dem Unterhaltspflichtigen die Berufung auf den Unterhaltsverzicht grundsätzlich nur insoweit verwehrt, als der betreuende Ehegatte lediglich den notwendigen Unterhalt verlangt, und nur so lange, wie er neben der Betreuung des Kindes nicht mindestens seinen notwendigen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit decken kann.

Zum Sachverhalt:

Die Ehefrau (Ag.) nimmt den Ehemann (Ast.) auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch. Vor Eingehung der Ehe am 31. 8. 1984 schlossen die Parteien am 22. 8. 1984 einen notariell beurkundeten Ehe- und Erbvertrag, in dem sie für den Fall der Scheidung folgendes vereinbarten:

(1) Sollte der Antrag auf Scheidung der Ehe innerhalb von fünf Jahren nach deren Beginn gestellt werden, so verzichten wir gegenseitig auf alle Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Scheidung, auch für den Fall der Not, und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.

(2) Wird der Scheidungsantrag nach Ablauf von fünf Jahren gestellt gilt folgendes: Soweit nach den gesetzlichen Bestimmungen Unterhalt zu leisten ist, ist dieser Unterhalt nur in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Unterhalts, höchstens jedoch bis zum Betrag von 1500 DM monatlich zu zahlen.

Am 9. 1. 1985 wurde die gemeinsame Tochter C geboren.

Im Juni 1986 trennten sich die Parteien.

Auf den am 24. 6. 1987 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes hat das FamG €¦ die auf Zahlung von monatlich 4000 DM nachehelichem Unterhalt sowie 600 DM Kindesunterhalt gerichteten Anträge der Ehefrau abgewiesen und ausgesprochen, der eine Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Mit ihrem Rechtsmittel hat die Ehefrau monatlich 3000 DM Ehegattenunterhalt, Hilfsweise begrenzt bis 9. 1. 1994, sowie monatlich 500 DM Kindesunterhalt begehrt.

Aus den Gründen: (gekürzt und teilweise verändert )

1. Die gesetzlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs der Ehefrau nach § 1570 BGB liegen vor, da sie wegen der Pflege und Erziehung der gemeinschaftlichen Tochter nicht in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und damit selbst für ihren Unterhalt zu sorgen.

2. Das OLG hält den von den Parteien vereinbarten Unterhaltsverzicht für rechtswirksam, da Verlobte für den Fall der Scheidung ihrer künftigen Ehe auch auf einen Unterhaltsanspruch wirksam verzichten könnten, § 1585c BGB.

Insoweit steht seine Beurteilung in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

Die Revision (das Gericht) rügt, dem angefochtenen Urteil fehle es wie dem Urteil des FamG, auf das es sich bezieht, an der gebotenen Gesamtschau. Das BerGe. habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die Ehefrau den Verzichtsvertrag unterschrieben habe, ohne den fertigen Entwurf durchsprechen zu können, geschwächt durch ihre Schwangerschaft und beeindruckt von der Drohung des Ehemannes, die Eheschließung andernfalls „platzen zu lassen“. Der Ehemann habe die Hilflosigkeit der Ehefrau sowie seine wirtschaftliche Übermacht ausgenutzt und damit sittenwidrig gehandelt. Diese Rüge greift nicht durch.

a) Allerdings kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall der Scheidung ihrer Ehe auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmendem Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstoßen und daher nach § 138 1 BGB nichtig sein, falls die Vertragschließenden dadurch bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen, auch wenn sie eine Schädigung des Trägers der Sozialhilfe nicht beabsichtigten

Die Parteien haben durch den Unterhaltsverzicht im Vertrag vom 22. 8. 1984 jedoch keine Unterstützungsbedürftigkeit der Ehefrau zu Lasten der Sozialhilfe herbeigeführt. Sie waren damals noch nicht verheiratet; den Unterhaltsleistungen, die der Ehemann der Ehefrau erbrachte, lag daher keine Rechtspflicht zugrunde. Da er die Eingehung der Ehe unstreitig von dem Unterhaltsverzicht abhängig machte, hatte die Ehefrau auch keine Aussicht, künftig einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt über das ihr im Vertrag vom 22. 8. 1984 zugebilligte hinaus zu erwerben.

Auf den - zeitlich begrenzten - Unterhaltsanspruch nach § 1615 BGB, den sie nach der Geburt des gemeinschaftlichen Kindes gegen den Ehemann gehabt hätte, wenn es nicht zur Heirat gekommen wäre, konnte sie für die Zukunft nicht wirksam verzichten und hat sie auch nicht verzichtet.

Der Unterhaltsverzicht hat daher ihre Bedürftigkeit und damit das Risiko, zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, nicht erhöht. Im Gegenteil hat er ihr eine bis dahin nicht bestehende rechtliche Sicherung verschafft, weil sie während der durch den Verzicht ermöglichten Ehe Anspruch auf Familienunterhalt und für den Fall einer später als fünf Jahre nach der Heirat beantragten Ehescheidung den begrenzten Unterhaltsanspruch des Vertrages hatte.

Schon aus diesen Gründen ist der Unterhaltsverzicht daher nicht deshalb nach § 138 1 BUB nichtig, weil er zu Lasten der Sozialhilfe geschlossen worden ist, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die subjektiven Voraussetzungen vorlägen

b) Soweit die Revision auf die persönliche Situation der Ehefrau bei Abschluss der Vereinbarung vom 22. 8. 1984 verweist, will sie offenbar die Voraussetzungen des § 138 11 BGB angenommen wissen. Diese Norm betrifft jedoch lediglich Austauschgeschäfte Die dazu entwickelten Rechtsgrundsätze lassen sich auf familienrechtliche Verträge nicht übertragen

. . .

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des BerGe. hat der Ehemann nicht eine Unerfahrenheit oder mangelndes Urteilsvermögen der Ehefrau ausgenutzt, um sie zu dem Unterhaltsverzicht zu bewegen. Angesichts des festgestellten Geschehensablaufs, bei dem sie Überlegenheit hatte, sich mit den Vorstellungen des Ehemannes auseinanderzusetzen, und diese Gelegenheit auch wahrgenommen hat, vor allem durch ein ausführliches Gespräch mit dem Steuerberater F, besteht kein Grund zu der Annahme, sie sei durch seine Forderung nach einem Unterhaltsverzicht in einer Weise überrumpelt worden, die sie nicht zu einer Abwägung des Für und Wider habe kommen lassen. Dass ihre Schwangerschaft sie daran gehindert habe, ist nicht festgestellt, ohne dass die Revision insoweit Verfahrensrügen erhebt.

Schließlich ist der Unterhaltsverzicht auch nicht deshalb sittenwidrig, weil der Ehemann eine Zwangslage der Ehefrau ausgenutzt hat. Die Revision begründet ihre gegenteilige Auffassung damit, dass er die Ehefrau in Erkenntnis ihrer Hilflosigkeit mit der Drohung beeindruckt habe, die Eheschließung andernfalls „platzen zu lassen“. Daran ist richtig, dass die Ehefrau angesichts ihrer Schwangerschaft ersichtlich ein starkes und auch begreifliches Interesse hatte, durch eine Heirat mit dem Ehemann als Vater des von ihr erwarteten Kindes eine gesicherte Versorgung zu erlangen. Sie hatte mit ihm nach der Trennung von ihrem früheren Ehemann schon jahrelang zusammengelebt, war - abgesehen von zeitweiligen Tätigkeiten in seinem Geschäft - nicht erwerbstätig und musste damit rechnen, durch die Betreuung des Kindes auf längere Zeit gehindert zu sein, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ein Verzicht auf die Eheschließung mag ihr außerdem dadurch erschwert worden sein, dass der Ehemann ihr die Heirat nach anfänglichem Widerstreben zugesagt haue, ihre Verwandten die Heirat erwarteten und ein Hochzeitstermin bereits festgesetzt war. Auch diese gesamte Situation, die dem Ehemann ersichtlich in allen Einzelheiten bekannt war, macht seine Weigerung, die Ehefrau ohne vorherigen Unterhaltsverzicht zu heiraten, indessen nicht sittenwidrig. Er war rechtlich zu keiner Zeit zur Heirat verpflichtet. Auch aufgrund seines Eheversprechens konnte die Ehefrau von ihm nicht die Eingehung der Ehe verlangen. War der Ehemann aber in seiner Entscheidung, ob er die Ehefrau heiratete, bis zuletzt frei, so konnte er die Heirat auch - selbst kurzfristig vor dem dafür vorgesehenen Termin - von einem (rechtlich grundsätzlich möglichen, s. oben zu 2) Unterhaltsverzicht abhängig machen. Würde diesem aus den von der Revision ins Feld geführten Gründen nach § 138 1 BUB die Rechtswirksamkeit abgesprochen, so läge darin ein Eingriff in die Eheschließungfreiheit des Ehemannes, der seinerseits mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren wäre.

. . .

4. Das BerGe. hat seine Entscheidung, dass der Ehemann der Ehefrau für die Zeit vom 1. 12. 1990 (Rechtskraft des Scheidungsausspruchs) bis zum 31. 8. 1993 monatlich 1000 DM Ehegattenunterhalt zu zahlen habe, damit begründet, es sei ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Unterhaltsverzicht zu berufen, solange der Ehefrau wegen der Betreuung der gemeinschaftlichen Tochter eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten sei und soweit sie daher mangels anderer Mittel auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Hingegen bleibe der Unterhaltsverzicht insoweit von Bedeutung, als die Ehefrau einen über den Mindestbedarf hinausgehenden, an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Unterhaltsbetrag fordere, Der maßgebende Grund dafür, dass der - leistungsfähige - Ehemann sich auf den Unterhaltsverzicht nicht berufen könne, liege darin, dass ein Wegfall des Unterhaltsanspruchs entweder zu Lasten der Allgemeinheit gehe, die mit Sozialhilfeleistungen einspringen müsse, oder zu Lasten des gemeinschaftlichen Kindes, wenn die Ehefrau trotz ihrer Verpflichtung zur Pflege und Erziehung des Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgehe. Dieser Gesichtspunkt entfalle, wenn der Ehemann Unterhaltsleistungen erbringe, die für die Ehefrau den Zwang entfallen ließen, zur Sicherstellung ihrer elementaren Unterhaltsbedürfnisse öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen oder erwerbstätig zu sein.

Die Revision wendet sich nicht gegen den der Ehefrau günstigen Ausgangspunkt dieser Überlegungen Sie meint aber, da der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ein einheitlicher Anspruch sei, könne sie den vollen ihr nach dem Maßstab des § 1578 BGB zustehenden Unterhalt verlangen. Das angefochtene Urteil hält jedoch auch insoweit der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen unter Umständen nach § 242 BUB verwehrt, weil sie gegen Treu und Glauben verstößt. Das hat der Senat insbesondere für Fälle entschieden, in denen sich die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden oder erwarteten Verhältnisse nachträglich so entwickelt hatten, dass überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstanden.

Er hat diese Rechtsprechung aber von vornherein nicht auf Sachverhalte beschränkt, in denen erst eine nachträgliche und unvorhergesehene Entwicklung ergibt, dass die Berufung auf den Unterhaltsverzicht mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist hat er die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht versagt, den die damals schon schwangere Frau - wie im vorliegenden Fall -kurz vor der Heirat erklärt hatte, wobei den (künftigen) Eheleuten bekannt gewesen oder allenfalls infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben war, dass sie im Falle einer (baldigen) Scheidung ohne Unterhaltsleistungen des Mannes darauf angewiesen war, entweder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen oder unter dem Kindeswohl zuwiderlaufender Einschränkung der Kindesbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Hiernach steht der Anwendung des vom Senat entwickelten Grundgedankens, wonach dem Unterhaltspflichtigen die Berufung auf einen - an sich wirksamen - Unterhaltsverzicht nach Treu und Glauben verwehrt sein kann, nicht entgegen, dass die Parteien heim Abschluss des Vertrages vom 22. 8. 1984 bereits die dann tatsächlich eingetretene Entwicklung bedacht haben, nämlich eine Scheidung der Ehe zu einer Zeit, als die Betreuung des Kindes die Mutter an jedem eigenen Erwerb hinderte und sie daher mangels eigenen Einkommens und Vermögens auf Unterhaltsleistungen angewiesen war.

Wie ausführt, hat das BerGe. bei der Prüfung, ob und inwieweit der Ehemann sich auf den Unterhaltsverzicht berufen kann, auf den von ihm für maßgeblich gehaltenen Gesichtspunkt abgestellt, dass der Wegfall des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt entweder zu Lasten der Allgemeinheit oder zu Lasten des Kindes gehe. Soweit es damit auf die Belastung der Sozialhilfe abgestellt hat, hat es einen Gedanken aus dem von ihm herangezogenen Senatsurteil vom 28. 11. 1990 aufgegriffen.

Denn dort wird für einen vergleichbaren Sachverhalt die Geltendmachung des Unterhaltsverzichts deshalb als anstößig bezeichnet, weil sie darauf hinauslaufe, dass der unterhaltspflichtige Ehemann sich auf Kosten der Allgemeinheit finanzielle Vorteile verschaffe, obwohl diese durch die Gewährung von Sozialhilfe nur deshalb einspringe, weil der Ehefrau im Interesse des gemeinsamen Kleinkindes keine Erwerbstätigkeit angesonnen werde.

Bei erneuter Prüfung ist der Senat jedoch zu der Auffassung gelangt, dass in diesem Zusammenhang nicht auf die Belastung der Sozialhilfe abgestellt werden kann. Wie unter 3 a) dargelegt, kann ein Unterhaltsverzicht zu Lasten der Sozialhilfe unter bestimmten Voraussetzungen sittenwidrig und daher nach § 138 1 BGB nichtig sein. Ist das - wie hier - nicht der Fall, erscheint es nicht folgerichtig, diesen Gesichtspunkt bei der Prüfung, ob der Unterhaltspflichtige sich nach Treu und Glauben auf den Unterhaltsverzicht berufen kann, erneut zu berücksichtigen. Vor allem aber sind es die Belange der an der jeweiligen Rechtsbeziehung Beteiligten, nach denen sich bestimmt, ob und inwieweit die Ausübung eines Rechts mit Treu und Glauben zu vereinbaren ist. Die Generalklausel des § 242 BGB verpflichtet zur biffigen Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils und zu einem redlichen und loyalen Verhalten. Belange der Allgemeinheit begründen aber nicht ohne weiteres zugleich schutzwürdige Interessen der an der Rechtsbeziehung Beteiligten, auf die diese in ihrem Verhalten zueinander nach Treu und Glauben Rücksicht zu nehmen haben. Das gilt auch für das im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehende Interesse des Sozialhilfeträgers an der Vermeidung von Leistungspflichten. Freilich besteht zwischen diesem Interesse und dem der Ehefrau insofern eine Parallelität, als die Inanspruchnahme des Ehemannes diese davor bewahren soll, für ihren Lebensunterhalt Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Allein mit dieser Begründung könnte sie ihr Begehren indessen nicht durchsetzen. Denn nachdem sie wirksam auf Unterhalt verzichtet hat, kann sie dem Ehemann die Berufung auf den Unterhaltsverzicht nicht schon deshalb verwehren, weil sie andernfalls auf Sozialhilfe angewiesen sei. Die Belastung des Sozialhilfeträgers ist daher für sich allein kein hier nach § 242 BUB ins Gewicht fallender Umstand.

Mit seiner weiteren Erwägung, dass der Wegfall des Unterhaltsanspruchs zu Lasten des gemeinschaftlichen Kindes gehe, wenn die Ehefrau trotz ihrer Verpflichtung zur Pflege und Erziehung des Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgehe, hat das BerGe. aber mit Recht auf das Kindeswohl abgehoben, auf das auch der Senat sowohl in seinem Urteil vom 28. 11. 1990, hingewiesen hat. Auch wenn es sich bei dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BUB um einen Anspruch des geschiedenen Ehegatten handelt, sichert er doch die Wahrnehmung seiner Elternverantwortung und dient damit dem Wohl des betreuten Kindes. Diese Bedeutung des Unterhaltsanspruchs hat der Gesetzgeber dadurch unterstrichen, dass er ihn in besonderer Weise gesichert hat. Denn selbst bei Vorliegen eines Härtegrundes nach § 1579 Rn. 1 bis 7 BGB ist ein Unterhaltsanspruch nur zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre. Schon nach dieser gesetzgeberischen Wertung ist das Kindeswohl ein wesentlicher, nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu berücksichtigender Umstand. Seine Wahrnehmung ist gemeinsame Aufgabe beider Eltern, auf deren Erfüllung sie auch in ihrem Verhältnis zueinander bedacht sein müssen. Die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht kann dem Unterhaltspflichtigen daher nach § 242 BGB verwehrt sein, wenn und soweit das Kindeswohl den Bestand der Unterhaltspflicht fordert.

b) Wie das BerGe. unangegriffen ausgeführt hat, verfügt die Ehefrau weder über Erwerbs- noch über sonstige wesentliche Einkünfte; neben der Betreuung des am 9. 1. 1985 geborenen Kindes ist von ihr derzeit auch keine Erwerbstätigkeit zu erwarten. Da nicht festgestellt ist und vom Ehemann auch nicht behauptet wird, dass das gemeinschaftliche Kind in anderer Weise als durch seine Mutter betreut werden kann, ist das Kindeswohl aber nur dann gewahrt, wenn der eigene Unterhalt der Ehefrau in einer Weise gesichert ist, die es ihr ermöglicht, sich seiner Pflege und Erziehung zu widmen. Das Wohl des Kindes verlangt daher, dass der Ehemann ihr den dazu erforderlichen Unterhalt leistet. Dass sie Sozialhilfe in Anspruch nehmen könnte, reicht hier ebenso wenig aus wie zur Wahrung der Kindesbelange nach § 1579 BUB (vgl. dazu Senat, N.JW 1990, 253 (254 f.) = LM § 1579 BUB Nr. 39 = FamRZ 1989, 1279 (1280

Das bedeutet indessen nicht, dass sich der Ehemann auf den Unterhaltsverzicht schlechthin nicht berufen kann. Wie sich aus dem Dargelegten ergibt, verlangt das Kindeswohl von ihm vielmehr nur, es der Ehefrau durch Unterhaltsleistungen zu ermöglichen, sich der Pflege und Erziehung des Kindes zu widmen. Dazu bedarf sie keines Unterhalts nach dem Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse (~ 1578 BUB); vielmehr ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das BerGe. dem Ehemann die Berufung auf den Unterhaltsverzicht nur insoweit verwehrt hat, wie die Ehefrau lediglich den notwendigen Unterhalt verlangt. Besondere Umstände, die aus Gründen des Kindeswohls die Zubilligung eines höheren Unterhalts gebieten, sind weder festgestellt noch vorgetragen. Da sich die Beschränkung daraus ergibt, dass die Geltendmachung des Unterhaltsverzichts im übrigen nicht gegen Treu und Glauben verstößt, greift der Hinweis der Revision auf § 1578 BUB und die Rechtsnatur des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt als eines einheitlichen Anspruchs nicht durch. Außerdem steht § 242 BUB der Geltendmachung des Unterhaltsverzichts nur solange und soweit entgegen, wie die Ehefrau neben der Betreuung des Kindes nicht mindestens ihren notwendigen Bedarf durch eigene Erwerbstätigkeit decken kann. Auch das hat das BerGe. richtig gesehen.

5. Das BerGe. hat den notwendigen Bedarf der Ehefrau unter Heranziehung der Sätze der Düsseldorfer

Tabelle auf monatlich 1000 DM bemessen und dazu ausgeführt: Zwar übersteige dieser Betrag den Regelsatz der Sozialhilfe; das sei aber gerechtfertigt, weil die Sozialhilfevorschriften bei besonderem Bedarf zusätzliche Leistungen vorsähen. Diese Bemessung, die von der Revision nicht angegriffen wird, enthält keinen Rechtsfehler zu Lasten der Ehefrau. Die Beurteilung, welcher Geldbetrag ihre elementaren Lebensbedürfnisse befriedigt, ist Sache des Tatrichters. Das BevGe. ist insoweit auch beschränkt, ob Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denk- und Erfahrungssätze beachtet worden sind. Fehler dieser Art liegen nicht vor.

Weder angegriffen noch aus Rechtsgründen zu beanstanden ist auch die weitere Feststellung des BerGe., ab September 1993 sei der Ehefrau eine Teilzeitarbeit zuzumuten, durch die sie mindestens 1000 DM monatlich verdienen könne.

Gericht BGH, Urteil vom 09-07-1992 - XII ZR 57/91 (Bamberg)

Veröffentlicht NJW 1992 Heft 49 / 3164

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