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Kindesunterhalt bei abwechselnder Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile
Die 1991 geborenen Klägerinnen nehmen ihren Vater, den Beklagten, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
Sie leben überwiegend bei ihrer Mutter, während sich die weitere 1986 geborene Tochter überwiegend
beim Vater aufhält. Beiden Elternteilen steht die elterliche Sorge für die Kinder gemeinsam zu.
Sie betreuen die Kinder abwechselnd, und zwar bezüglich der Zwillinge in der Weise, dass diese sich von
Mittwochabend bis Montagmorgen beim Vater aufhalten und sodann nach der Schule in den Haushalt der Mutter
wechseln, wo sie bis zum Mittwochabend der folgenden Woche bleiben. Die Ferien verbringen die Zwillinge
jeweils hälftig bei einem der Elternteile.
Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass beide Eltern für die Zwillinge Barunterhalt zu leisten
hätten. Denn diese hielten sich in weitergehendem Umfang bei dem Vater auf als im Rahmen eines üblichen
Umgangsrechts. Ihr Bedarf sei deshalb nicht nur nach dem Einkommen des Vaters, sondern nach dem
zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile zu bestimmen und um die beim Vater zusätzlich
anfallenden Wohnkosten zu erhöhen. Für diesen Bedarf hätten die Eltern anteilig nach ihren
Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufzukommen. Die so ermittelten Anteile seien allerdings
in Höhe der jeweils erbrachten Betreuungsleistungen gedeckt, so dass nur der jeweils verbleibende
Betrag als Barunterhalt verlangt werden könne. Der Vater schulde deshalb keinen höheren Unterhalt
als vom Amtsgericht zuletzt in Höhe von monatlich jeweils 142 € ausgeurteilt.
Die Revision des Vaters hatte keinen Erfolg.
Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
allerdings die Auffassung vertreten, dass die Mutter ihre Verpflichtung, zum Unterhalt der Zwillinge
beizutragen, allein durch deren Pflege und Erziehung erfüllt, während der Vater allein für
deren Barunterhalt aufzukommen hat. Diese Aufteilung von Bar- und Betreuungsunterhalt ist so
lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt,
dieser mithin die Hauptverantwortung für ein Kind trägt. Das ist grundsätzlich auch dann der Fall,
wenn sich ein Kind im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts bei einem
Elternteil aufhält und sich die Ausgestaltung des Umgangs bereits einer Mitbetreuung annähert. Solange
der andere Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass er seine
Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Anders kann es sein, wenn sich die
Eltern die Verantwortung für ein Kind in etwa hälftig teilen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil
die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung
indizielle Bedeutung zu, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht.
Im vorliegenden Fall entfällt auf den Beklagten ein Betreuungsanteil von etwas mehr als 1/3 (gerundet 36 %),
so dass die Eltern keine Betreuung in einem Wechselmodel mit im Wesentlichen gleichen Anteilen
praktizieren. Daher ist für die Zwillinge nur der Vater barunterhaltspflichtig mit der Folge,
dass der Barunterhalt allein nach seinem Einkommen zu bemessen ist. Der entsprechende Bedarf
kann zwar teilweise durch Naturalleistungen des betreuenden Elternteils gedeckt sein.
Das war hier aber nicht der Fall, so dass der Beklagte jedenfalls Unterhalt in dem vom
Amtsgericht ausgeurteilten Umfang schuldet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass
der Vater die ältere Tochter überwiegend betreut. Den für diese schuldet nicht er,
sondern die Mutter Barunterhalt.
Urteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04
Fundstelle:
Berufung: OLG Bamberg - Entscheidung vom 27.7.2004 – 2 UF 25/04